Café-Metamorphose

 

 

 

 

 

Ihr kennt Alexander Grobitsch nicht? Der liebenswerte ältere Herr ist im Westend-Viertel so bekannt wie die Paradiesvögel-Zwillinge Öhlschläger in Schwabing. Der gebürtige Ungar kam 1945 als Flüchtling in München an, arbeitete erst in Erding in der Landwirtschaft und später im Stahlbau. Im Jahr 1964 entschied er sich in die Selbstständigkeit zu gehen und eröffnete einen Lebensmittelladen in Schwabing. Fünf Jahre später zog er mit seiner Familie ins Westend. Dort existiert der Laden bis heute, nur etwas abgewandelt. Nämlich als Café namens Lohner & Grobitsch.

Das unter Denkmal stehende Eck-Lokal befindet sich nahe dem bekannten gelben Moll-Block unweit vom Georg-Freundorfer-Platz. Das ehemalige Stadtviertelgeschäft hat sich über die Jahrzehnte aber ein bisschen verändert. Früher fand man vom Weichspüler bis hin zur Butter alles in seinem Sortiment. Noch dazu ist Grobitsch im Moll-Viertel bekannt – sein Gemischtwarenladen war der Treffpunkt für viele Westendler. Im Jahr 2010 kam dann die gelernte Schneiderin Kerstin Lohner, die den alten Lebensmittelladen in ein Café verwandeln wollte. „Nach 54 Jahren wollte er sein Geschäft auf keinen Fall aufgeben. Aber ich bin hartnäckig geblieben. Erst nach dem dritten Anlauf hat er eingewilligt.“ verrät sie.

Der Name wurde gemeinschaftlich auf Lohner & Grobitsch festgelegt und die Räumlichkeiten erfuhren eine Metamorphose. Der Innenraum ist gemütlich eingerichtet. Mehrere Sitzflächen, viel weißes Holz, handbemalte Kacheln in bayrisch-blau an der Café-Theke. Durch die riesigen Fensterfronten dringt viel Licht ins Innere und macht den kleinen Raum zu einem gemütlichen Café. Da die Geschichte des ehemaligen Ladens sichtbar bleiben soll, erblickt man hier und da das Inventar aus alten Zeiten. So hängt noch immer ein Hinweisschild auf „Milch, Wurst, Feinkost“ an den Wänden sowie ein großes Schwarz-Weiß-Bild, das Grobitsch vor seinem Gemischtwarenladen zeigt. Im Café befindet sich auch eine Treppe – und viele fragen sich was sich hinter der Tür verbirgt. Nun ja, nichts geringeres als die Privaträume von Alexander Grobitsch selbst. Er „wohnt“ quasi im Café. Auch lässt es sich der 86-Jährige nicht nehmen, selbst ab und zu dort mit anzupacken oder kommt bei Langeweile einfach über die Treppe ins Lokal und plaudert mit den Leuten aus seinem Viertel.

Die Idee, aus einem Laden ein Café zu machen, hat sich ja bereits öfter als lohnend herausgestellt, was sich auch im Marais zeigt. Aber nicht nur wegen des nostalgischen Andenkens und der dahinter stehenden Geschichte sollte man im Lohner & Grobitsch vorbei schauen – auch wegen dem leckeren Frühstück! Eine Portion Rühreier mit Ziegenkäse, Salatbeilage sowie drei Scheiben Brot kosten hier 7,20 Euro. Dazu noch eine Tasse Cappuccino für 2,80 Euro. Oder soll es doch etwas Süßes sein? Dann kann man sich die „süße Liesl“ – also ein Buttercroissant mit hausgemachter Marmelade, ein gekochtes Ei und Butter für 5,20 Euro bestellen. Neben frisch gebackenen Kuchen gibt es auch eine täglich wechselnde Speisekarte. Dabei ist es Kerstin Lohner besonders wichtig, dass die Roherzeugnisse aus dem Umland kommen, die Qualität stimmt und es wird auf Zusatzstoffe verzichtet. So weiß sie ganz genau, von welchem Hof ihre Eier kommen oder welcher Landwirt ihre Kartoffeln erntet. Sogar der Kaffee ist „Fair Trade“ aus Brasilien.

Das Café hat seinen frühen Charme behalten, die Mischung aus Alt und Neu ist genau das, was dem Kaffeehaus seine Seele verleiht. Hier sitzen Jung und Alt - egal ob Westendler oder nicht – auf den weiß lackierten Stühlen beieinander. Die meisten Sitze haben übrigens eigene Namen, die mit schwarzem Edding hinten auf der Lehne darauf geschrieben wurden. „Das sind die Namen von Freunden, die mir damals bei der Renovierung geholfen haben. Oder die Namen der Stammkunden, die immer nur auf diesem Stuhl Platz nehmen.“ betont Inhaberin Kerstin Lohner.

Das Lohner und Grobitsch dient als gutes Beispiel dafür, wie sich ein Stadtviertel und die dortigen Geschäfte durch Gentrifizierung wandeln können, dennoch ihre Identität wahren und generationsübergreifend gleichzeitig etwas Neues schaffen können. Und wenn es dem vierfachen Vater und sechsfachen Großvater Alexander Grobitsch selbst im Café langweilig werden sollte, versorgt er Kindergärten in Solln und Haidhausen mit Lebensmitteln oder organisiert Flohmärkte auf dem Georg-Freundorfer-Platz – schließlich nennt er das sein „Dahoam“.

 

Hier unsere Bewertung auf einen Blick

Lohner & Grobitsch
Sandtnerstraße 5
80339 München

Öffnungszeiten
Montag – Freitag: 09.00 bis 18.00 Uhr
Samstag und Sonntag: 10.00 bis 18.00 Uhr

Keine Kartenzahlung – „Nur Bares ist Wahres“

So findet ihr das Café