Und schon wieder schreibe ich über eine Bar. Ob es mir irgendwann mal langweilig dabei wird? Keineswegs – der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier – und in meinem gewohnten Umfeld fühle ich mich am wohlsten. Dieses Mal geht es um eine – wie meine Recherche ergab - heiß umstrittene Bar. Bei bisher kaum einer anderen gingen die Meinungen der Gäste in so unterschiedliche Richtungen. Eins sei vorab gesagt: Wer ein Problem mit rustikaler Einrichtung (Motorrad an der Wand), Rock Musik (AC/DC, Guns’N’Roses, etc.) oder „sexistischen“ Anspielungen (Pin-up Plakate und BHs über der Bar) hat – der braucht ab hier nicht weiterlesen. Allen anderen sei die „Bar Sehnsucht“ wärmstens ans Herz gelegt.
Für mich ist es schon fast zu einer Tradition geworden, mit nur ganz bestimmten Freunden in gewisse Lokale zu gehen - die Bar Sehnsucht ist eine davon. Die im Univiertel am Ende der Amalienstraße gelegene Bar bietet die seltene Möglichkeit sich auch vor der Bar entspannt – und nicht wie Sardinen in der Blechbüchse – hinsetzen zu können. Bei den momentanen Temperaturen sind diese Plätze natürlich schnell besetzt. Wen es trotzdem/deswegen nach drinnen zieht, der wird einiges zu sehen bekommen. Das ehemalige Wirtshaus „Maxvorstadt“ musste 2009 der Bar weichen. Die dunkle Holzgarnitur wurde rausgerissen, die Wände dunkelgrün gestrichen und mit verschiedensten Plakaten beklebt. Einzig und allein der massive Tresen und die Holzbalken an der Decke erinnern noch an die einstige Gaststätte. Das wohl bekannteste Merkmal/Erkennungszeichen der Sehnsucht sind die BHs, die über der Bar von der Decke hängen. Schon in den hintersten Ecken Münchens hat sich rumgesprochen, dass hier Mädels, die ihren BH hergeben auch vier Shots Jägermeister umsonst bekommen. Und ich gebe es zu - auch irgendwo hängt da einer von mir.
Ansonsten gibt es in der Bar noch so viele unzählige Kuriositäten. Ein altes Rennmotorrad an der Wand, eine Zapfsäule steht im Raum und längst kaputte Motorblöcke werden mit Hilfe einer Glasplatte obendrauf zu Tischen umfunktioniert. In dieser Bar wurden so viele KFZ-Ersatzteile eingesetzt – ein bisschen Werkstatt-Feeling kommt da schon rüber. Selbst die Barmänner (und Barfrau!) sehen mit Truckercap, Tattoos und viel schwarzer Kleidung aus, als wären sie für den Job eigens gecastet worden. Auch ich gebe zu, zu Anfangs von den Jungs wirklich eingeschüchtert gewesen zu sein – zu Unrecht. Sie alle sind total entspannt – solange man selbst es auch ist. Wirklich niemand hat Bock dumm von der Seite angemacht zu werden, weil der Aperol Spritz zu wässrig schmeckt (sollte man dort eh nicht bestellen, gibt wesentlich Besseres).
So kommen wir auch zu meinem ganz persönlichen Highlight dieser Bar: die Lynchburg Lemonade. Es kann durchaus sein, dass ich alte Munich-Mule-Verfechterin lange Zeit von allen anderen Getränken unbeeindruckt blieb. Dieses Getränk jedoch hat mich zum Whiskey-Trinker bekehrt! Whiskey, Sprite, Triple Sec, Limette und Zitrone – fertig. Die Kombi klingt nach Kopfschmerzen am nächsten Morgen, dem ist aber nicht so (zumindest bei mir). Vielleicht denkt sich jetzt der ein oder andere: „Was will die mir hier jetzt von einem neuen Getränk erzählen, dass ich schon ewig kenne?!“ - Ohne jeden Zweifel kann das so sein. Aber für mich bedeutet dieses Getränk Sommer, entspannte Abende mit Freunden draußen verbringen und danach leicht angeheitert mit dem Fahrrad wieder nach Hause fahren – so etwas sollte doch jeder haben (muss auch nicht unbedingt mit Alkohol sein!)
Wer trotz all meiner Schwärmerei nichts mit der süffigen Limonade anfangen kann, wird auch so fündig. Zwar gibt es keine wirkliche Getränkekarte, doch große Tafeln über der Bar geben Auskunft. Helles gibt’s hier vom Spaten, der übliche Gin Tonic ist vernünftig gemixt und auch nicht alkoholische Getränke gibt es zu Genüge – und Munich Mule. By the way wurde noch in der Anfangszeit kein Weißbier an Frauen ausgeschenkt. Der Grund ist eigentlich simpel wie auch logisch: eine Frau mit Weizenglas in der Hand sieht nicht gerade gut aus. Nach langem Verbot darf aber heute Frau auch mal Mann spielen und sich ihr Weizen gönnen.
Ein Motorrad an der Wand, derbe Musik, klassische Longdrinks und nichts Verkünsteltes – nur ein paar Gründe dafür warum hier nur die „echten“ Männer sind. Die Männerdichte in dieser Bar ist nämlich sonderlich hoch – kein Wunder also warum ich mich da auch so sonderlich gerne rumtreibe.
Funny Fact zum Abschluss: Bei meiner schon oben genannten „Onlinerecherche“ bin ich auch auf den ein oder anderen fragwürdigen Kommentar zur Sehnsucht gestoßen. Meine absoluten Highlights sind bis jetzt: „zottelige (Dauer-)Studenten gehen da hin, aber nix für Leute, die gescheit weggehen möchten“ oder „Äußerst problematisch finde ich den ständig mitschwingenden Sexismus. BHs über dem Tresen und einige Pin-up-Poster sind eigentlich unnötig.“ Bemerkungen dieser Art lassen mich den Glauben an ein untypisches München doch ab und zu verlieren. Sind wirklich immer noch so viele (auch junge) Menschen nicht in der Lage andere Lebenseinstellungen zu tolerieren?
Auch wenn ich jetzt wie eine Glucke klingen könnte – so muss ich hier mal ganz ehrlich sagen: München hat so einiges zu bieten. Und es gibt sogar hier „Randgruppen“, sogenannte Subkulturen – die auch mal gerne ihren Spaß haben möchten. Unter anderem steht diese Bar für eine Sehnsucht nach alternativer Kunst und Lebensform und gerade deswegen ist auch wirklich jeder herzlichst willkommen – Danke!
Hier unsere Bewertung auf einen Blick
Bar Sehnsucht
Amalienstraße 24
80333 München
Öffnungszeiten
Dienstag - Samstag: 18.00 - 03.00 Uhr
So findet ihr die Bar