Zeig mir wie du U-Bahn fährst und ich sag dir wer du bist

Wenn das Abteil überfüllt ist, der Kerl neben dir es nicht ganz so ernst sieht mit der Körperhygiene und ein hysterischer Bayer dir aus dem Mikro entgegen plärrt: „Zefix! gähts vo da Tür weg!“ - dann darf ich euch in den öffentlichen Verkehrsmitteln Münchens herzlich Willkommen heißen! Die Mehrheit ist tagtäglich davon abhängig – wir von Untypisch sind da keine Ausnahme. Und weil in Bus, Bahn und Tram „Brennpunkt Leben“ eine völlig neue Bedeutung verliehen bekommt, gibt es hier eine nette, kleine psychoanalytische Studie – eigens aufgestellt und ausgewertet versteht sich. Ganz nach dem Motto: Zeig mir wie du U-Bahn fährst und ich sag dir wer du bist.

 

Die Schildkröten

Das erste Exemplar das genauer unter die Lupe genommen wurde, nennt sich die „Schildkröte“. Der meist viel zu große Rückenpanzer aus Nylon oder Baumwoll-Canvas mit multifunktionalen Staumöglichkeiten - auch Rucksack genannt - wird nur selten in der Öffentlichkeit abgenommen.  Als natürliches Umfeld betrachtet das schwer bepackte Individuum enge Waggons und Durchgänge. Vorsicht sei geboten: Die Schildkröte ist in eigenen Gedanken vertieft und schenkt seinem Umfeld selten Aufmerksamkeit. So kann es bei eigener Unachtsamkeit zu Blessuren an Kopf,  in Magenregionen oder je nach Größe der Schildkröte auch im Genitalbereich des Mannes kommen – und bekanntlich schmerzt das ja immer ein bisschen mehr bei denen.

 

 

Die Gossip-Girls

Die wahrscheinlich ungefährlichste aber auch unterhaltsamste Spezies nennt sich „Gossip Girl“. Ganz nach dem Motto „In der U-Bahn hört mir eh keiner zu“ wird beim Betreten des fahrbaren Untersatzes das Mobiltelefon sofort ans Ohr gedrückt - die Erzählstunde kann beginnen. Talkshowartig wird der Person am anderen Ende jedes noch so pikante Detail von beispielsweise letzter Nacht geschildert. Es gibt keine Hemmschwelle um in der Öffentlichkeit über missglückte Blowjobs, flotte Dreier oder über das Ableben des neu gekauften Meerschweinchens zu philosophieren. Und ja - all diese Beispiele sind autobiografisch. Nur am Rande: Das Meerschweinchen „Flöckchen“ hat den „Beauty & Wellness-Tag“ inklusive Baden und Föhnen als nicht ganz so entspannend empfunden…RIP Flöckchen! 

Die Mitleser

Eine ganz besondere Art von öffentlichen Verkehrsmittelfahrern und auch die wohl am meist verbreitetsten sind die Mitleser. Der ganz natürliche innerliche Drang verleitet sie dazu auf die blinkenden und bunten Displays anderer Smartphones zu spähen. Früher las man noch die Rückseiten von Bild, SZund Co. mit. Dabei verdrehte man sich fast den Hals um auch ja die kleinste aller Bildunterschriften lesen zu können. Heutzutage grenzt es an akrobatische Höchstleistung was manch einer bewerkstelligt, um auch ja die kleinste Nachricht entziffern zu können - im wahrsten Sinne halsbrecherisch. Zugegeben, die ein oder andere Nachricht habe ich schon bei meinem Nachbarn mitgelesen. Zu meiner Verteidigung: Wenn ein gestandener, breitschultriger Mann neben mir eine halbe Bildergeschichte, inklusive Herzchen in allen Farben des Regenbogens, an jemand anderen schickt - werde sogar ich zur Mitleserin.   Mal ganz ehrlich - sind wir nicht alle - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - Mitleser?

Die Frontrowler

Kommen wir nun zu einen der nervigsten Exemplare unter uns - diejenigen, die es immer eilig haben. Sie schießen mit einem Affenzahn zur Tür obwohl noch nicht mal die nächste Haltestelle aufgerufen wurde. Wenn die U-Bahn einfährt, stellen sie sich genau vor die Tür und drücken sich dann schon ins Abteil herein, obwohl die anderen noch nicht ausgestiegen sind. Auf der Rolltreppe nach oben dann aber sich von der linken Seite nicht mehr bewegen können… Die Kamikaze-Kids der urbanen Fortbewegungsmittel springen auch gern mal auf den letzten Drücker in die U-Bahn und rempeln im besten Fall noch Oma an, die dann die ganze Fahrt über nicht mehr aufhören kann vor sich her zu schimpfen. Es empfiehlt sich: selbst Stress abbauen und ab und zu die stets Gehetzten mal ordentlich anzufahren und sie „sachte“ darauf hinzuweisen nicht allein auf dieser Welt zu sein - wirkt Wunder! (Ja - auch das ist autobiografisch)