Wo sich Fuchs und Gans lieb haben

Die bekannteste Grünfläche Münchens ist der Englische Garten. Von meinen Freunden wird er einfach unliebsam knapp als „E-Garten“ bezeichnet. Schlecht machen kann man ihn nicht, die Parkanlage zählt schließlich zu einem Wahrzeichen unserer Stadt. Allerdings ertappe ich mich immer wieder dabei, den Ort mehr zu meiden als ihn zu besuchen. An wärmeren Tagen quetsche ich mich bereits aneiner Touristenmasse vorbei, die alle nur ein Ziel zu haben scheinen: den Chinesischen Turm. Und selbst wenn ich im Sommer nur gemütlich ein paar Stunden Sonne tanken möchte, fühle ich mich dort eher wie bei einer Fleischbeschauung als wie eine vor Sonnenöl triefende Sardine.

Deshalb bevorzuge ich mein Viertel, in dem der Westpark nicht weit weg liegt. Fakt ist, dass dieser Park nicht zentral liegt. Daher verirren sich seltener Menschen dorthin – es sei denn ein lohnenswerter Film läuft im "Kino, Mond & Sterne“. Aber das ist eben auch gut so. Im Westpark, der extra für die Internationale Gartenausstellung (IGA) im Jahr 1983 gebaut wurde, ist die Welt noch schwer in Ordnung. Familien, Gassi-Gänger oder Jogger laufen auch hier durch den Park, doch sind es nie ganze Horden. Wenn ich im Westpark am Japanischen Garten, dem Rosengarten oder der Nepal-Pagode entlanglaufe, kann ich dem Trubel entgehen ohne beispielsweise der Kameralinse der vielen Touristen ausgeliefert zu sein.

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Direkt am Mollsee im östlichen Teil beobachte ich die Gänse dabei, wie sie gemächlich durchs Wasser ziehen und dabei meinen Kaffee auf einer selbst zusammengeschusterten Sitzgelegenheit genießen. Genau hier betreiben Florian Jund und Julian Hahn das Café Gans am Wasser. Sie haben Dank dem Aufruf der Stadt München den Zuschlag für die Zwischennutzung der 40 Quadratmeter Fläche erhalten.

Julian Hahn kennt man bereits vom Märchenbazar und dem Wannda Kulturfestival, welches er mit zwei anderen Wannda-Mitgliedern organisiert. Sein Bruder Daniel hat sich auch schon einen Name bei den Kultur- und Feierwütigen der Stadt gemacht. Er hat das Bahnwärter Thiel ins Leben gerufen und uns das ausrangierte Ausflugsschiff MS Utting in die Stadt geholt. Bei diesen Projekten hat auch Julian viel Gastro-Erfahrung sammeln können. Mit seinem Kindergartenfreund Florian Jund ging der Traum vom eigenen Seecafé in Erfüllung.

Die beiden Urmünchner, die selbst am Westpark aufgewachsen sind, wollen den Ort aus ihrer Kindheit wiederbeleben. Quasi vom Viertel, fürs Viertel – schon deshalb feiere ich das Gans am Wasser. Mitte August 2016 hat das Bauwagencafé eröffnet – seitdem ist die Resonanz sehr positiv, verrät mir Florian Jund. Und zwar so gut, dass die Stadt München den Vertrag zur Zwischennutzung bereits verlängert hat. Die zwei Betreiber wollen mit dem Café ein junges und altes Publikum gleichermaßen ansprechen: „Es sind viele Mütter mit Kindern da, die vormittags auf einen Kaffee vorbei kommen, aber auch Senioren oder die jungen Menschen, die extra wegen dem Café hierherfahren – es gibt keine einheitliche Zielgruppe.“

Das Herzstück des Cafés ist der alte Verkaufsanhänger von 1969, den Jund und Hahn in einer Garage auf dem Viehhof entdeckten. Sie bauten ihn kurzerhand zum türkis-blauen Imbisswagen um. Aber auch sonst sind die zwei Betreiber begeisterte Sammler und Bastler, wie man am Mobiliar erkennen kann. Das ist mit viel Liebe und Kreativität gestaltet. So sitzt man entweder auf einer Bierbank im Kies, auf Möbeln aus Europaletten oder auseinander geflexten Badewannen am Ufer. Das Mobiliar haben die beiden auf Haushaltsauflösungen oder im Sperrmüll gefunden und zum See gebracht. Ein weiterer Bauwagen dient als Toilettenhäuschen. Und selbst für verregnete Tage gibt es ein Zelt, in dem mit Dielenboden, Teppichen und Heizung für Schutz vor Wind und Kälte gesorgt wird. Das Mobiliar im alten Stallzelt ist super nostalgisch und fühlt sich total heimelig an, was nicht zuletzt an dem alten Klavier liegt, auf dem man spontan mit den Tasten klimpern kann.


Im Gans am Wasser findet auch ein Kulturprogramm statt welches vom Kasperletheater für Kinder bis hin zu Lesungen und Yoga-Stunden reicht. Und wer nach dem ausreichendem Angebot Durst und Hunger bekommen hat, der wird vom Serviceteam, welches super zuvorkommend und lieb ist, bedient. Das Sortiment bezieht das Bauwagencafé von lokalen Händlern. So gibt es Kuchen vom Café Kubitschek, welcher circa bei drei Euro pro Stück liegt. Das Eis kommt vom Riviera am Harras und die hausgemachten Pommes aus Biokartoffeln stammen vom Bauern aus Freising (und sind absolut zu empfehlen).

Wir sind definitiv untypisch. Ein bisschen alternativ, etwas zusammengewürfelt, viel spontaner, nicht zu extravagant
— beschreibt Florian Jund seine Gans am Wasser

 „Das ist einfach unser Baby hier“, meint er stolz hinterher. Das darf er auch sein – schließlich haben die zwei jungen Gastronome damit einen wunderbaren Ort im Westpark geschaffen dem man sich kaum entziehen kann – und will. 

Weitere Eindrücke vom Gans am Wasser:

Gans am Wasser

Siebenburger Straße 41

81373 München

Öffnungszeiten

Montag - Samstag: 11 - 20 Uhr

Sonntag: 11 - 19 Uhr

An verregneten Tagen geschlossen (Hinweise immer auf der Website)

Unsere Bewertung auf einen Blick

So findet ihr das Bauwagencafé im Westpark